17. September 2003 bis 14. November 2003
Eröffnung:
16. September 2003, 20 Uhr
Thomas Raschke, Sebastian Rogler und Katharina Richter feiern 10 Jahre DAS DEUTSCHE HANDWERK mit einem Wettstreit zwischen Bildhauer und Maler.
Die Ausstellung beschreibt einen gespielten Wettstreit zweier Künstler, dargestellt von Thomas Raschke und Sebastian Rogler. Katharina Richter (seit 2003 neu im Handwerks-Trio), konzeptuell zuständig für die kunsttheoretische Supervision, nimmt die Rolle der Justitia - und damit auch der Aphrodite! - ein. Sie legt die Motive vor, um deren bestmögliche zeitgenössisch-künstlerische Umsetzung die beiden Künstlerprotagonisten ringen. Oder anders: Bei Contestkaraoke tritt das Sängerpaar Raschke und Rogler als Duett mit Solopart vor das Publikum, tanzt, singt und steppt, während Katharina Richter den Teleprompter, auf dem der Text läuft, überwacht.
Der überkommene Streit zwischen „Bildhauer“ und „Maler“, und damit auch der nach wie vor aktuell-künstlerische Genre-Streit, wird in den Personen Raschke und Rogler exemplarisch ad absurdum geführt: Richter präsentiert eine Auswahl von ungefähr 20 inhaltlichen oder realen Vorlagen (Souvenirs, Alltagsgegenstände und Sammelstücke), die als duchampeskes Ready-Made Teil der Ausstellung sind, und über deren Interpretation nun Raschke und Rogler im künstlerischen Wettstreit zu arbeiten haben. Rogler („Maler“) und Raschke („Bildhauer“) präsentieren ihre künstlerischen Lösungen und Leistungen der Richterschen Vorgaben im direkten Vergleich nebeneinander, wobei deren stilistische Bildmittel frei gewählt sind und weder den Kriterien „Bildhauerei“ oder „Flachware“ entsprechen müssen noch dem üblichen Raschkeschen oder Roglerschen Bildrepertoire zu entstammen haben.
Die bekannte „Doppelbrechung“, bekanntes Stilmittel des Deutschen Handwerks, kommt dann zum tragen, wenn versucht wird, das eigene Werk (Raschke/Rogler?) so nachzuahmen, als hätte dies der andere (Raschke/Rogler?) getan. Zu sehen werden sein exemplarische Cross-Overs, d.h. der „Maler“ malt Bilder, wie der Bildhauer sie seiner Meinung nach seinem, des „Malers“ Stil entsprechend, malen würde. Der „Bildhauer“ stellt Arbeiten her, die dessen Meinung nach, seitens des „Malers“, in Anlehnung an die Arbeit des „Bildhauers“ plagiativ imitierend entstehen würden.
In Form großer Fotoportraits (initiiert von Katharina Richter / Fotos: Klaus Mellenthin) wachen die Gruppenmitglieder über nicht etwa die originalen Werke, nein, sie bewerten damit die ursprünglichen Vorbilder der gezeigten Einzelwerke. Damit könnte sich ein Kreis schließen und im „Contest“ die Protagonisten mit den Juroren vereinen.
Dem Publikum, zuletzt, wird die traditionelle Rolle klassischer Rezeption, also dem Vergleich zwischen „Vorbild und Interpretation“ zugewiesen und die Solidarisation mit Katharina Richter ermöglicht.
Eine Ausstellung also, die, wie vom Deutschen Handwerk gewohnt, auf mehreren Ebenen die zeitgenössische Kunst, deren Präsentation und Rezeption, das gezeigte Exponat, die Urheberschaft, das Genie und das Genre, den selbst vorgegebenen Kontext, die Theorie und nicht zuletzt sogar das Konzept der gezeigten Ausstellung, innerhalb derselben, gleich mehrfach künstlerisch hinterfragt und zur Disposition stellt. Erstmals werden Raschke, Rogler und Richter nicht nur ihre Kunstwerke, sondern auch ihre autonome Künstlerpersönlichkeit im Rahmen einer Ausstellung des Deutschen Handwerks zum Bühnenbild erklären. Contestkaraoke bedeutet: Dies ist nicht ein Spiel, sondern ein gespieltes Spiel.
DAS DEUTSCHE HANDWERK
gegr. 1993
von Thomas Raschke und Sebastian Rogler
Mitglieder:
Seit 1993 Thomas Raschke und Sebastian Rogler, 1994-1998 Frieder Rusmann, 1998-2003 Gabriele Riemann, seit 2003 Katharina Richter.
DAS DEUTSCHE HANDWERK existiert seit 1993 als Künstlergruppe. DAS DEUTSCHE HANDWERK ist Thomas Raschke, Sebastian Rogler und (seit 2003) Katharina Richter. Ausstellungen des DEUTSCHEN HANDWERKS liefern künstlerische Gesamtinstallationen, in denen das einzelne Kunstwerk seine unikatäre sinnliche Kraft behält, gleichzeitig aber zur Ausstattung einer vom DEUTSCHEN HANDWERK vorgeführten zeitgenössischen Ausstellung funktionalisiert wird. DAS DEUTSCHE HANDWERK liefert Objekt, Malerei, Zeichnung, Installation, Text, Fotographie, Film und Kunst im öffentlichen Raum.
Kritik aus der Esslinger Kreiszeitung
Perfide Strategie
Optisch opulent und reich an Querverweisen zeigt sich die Künstlergruppe "Das Deutsche Handwerk". Das sind der Maler Sebastian Rogler und der Bildhauer Thomas Raschke, beide 1961 geboren, in der Galerie Rainer Wehr. In einer Art Künstlerwettbewerb haben die beiden aus etwa 20 Vorlagen Zeichnungen, Objekte, Bilder und bearbeitete Readymades versammelt, die die Galerie als einen Dritte Welt Laden erscheinen lassen. Allerdings gehorcht die Vielzahl der akkumulierten Werke verbindlichen Regeln und darüber hinaus einer perfiden Strategie, arbeitet doch jeder der Künstler in seiner Disziplin so, wie er annimmt, vom jeweils Anderen plagiiert zu werden. Also malt der Maler auf eine Weise, wie ihn der Bildhauer nachahmen hätte können und umgekehrt. Kurzum: die Theorie ist selbst schon ein Exponat. Und über allem wacht unverschämt freizügig die Kunstwissenschaftlerin Katharina Richter, aber vielleicht ist die selbst auch nur ein Exponat?
Ausschnitt aus dem Artikel „Die Nacht - Ein Rundgang durch Stuttgarter Galerien“ von Christian Gögger, erschienen in der Esslinger Kreiszeitung am 26.9.2003
Künstlerbiographien
Thomas Raschke,
geb. 1961, 1988-1995 Studium Bildhauerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, 1996 Stipendium der Kunststiftung Baden-Württemberg, 1999 Stipendium Cité Internationale des Arts Paris, 2001 Förderpreis des Künstlerbundes Baden-Württemberg, lebt in Schwäbisch-Gmünd und Berlin.
Sebastian Rogler,
geb. 1961, 1986-1993 Studium Freie Graphik mit Malerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, 1996 Stipendium der Kunststiftung Baden-Württemberg, 1998 Stipendium Künstlerhaus Kloster Cismar, 1999 Stipendium Cité Internationale des Arts Paris, lebt in Berlin.
Katharina Richter M.A.,
geb. 1964 in Genf, 1984-1993 Studium Kunstgeschichte in Kiel, lebt als freie Kunsthistorikerin in Berlin und Gent (B).